Buchrezension
Das große Buch vom Oxymel
Medizin aus Honig und Essig
von Gabriela Nedoma
Aesculus Verlag (Nova MD); 1. Auflage 2019. Gebunden, 224 S., 29,90 Euro. ISBN-10: 3964435112, ISBN-13: 978-3964435118
Ein tolles Buch über Oxymel! Ganz kurz zusammengefasst ist der erste Eindruck ein Wow-Effekt, später stehen allerdings einige Fragen zu heiklen Inhalten im Raum. Aber der Reihe nach.
Das Titelbild lockt mit Fotos von Honig und Essig, es ist in freundlichen Gelb- und Orangetönen gestaltet – ein schöner Hingucker. Beim ersten Griff nach dem Buch fällt das Gewicht positiv auf: hier wurde starkes Papier genutzt. Beim Blättern locken viele tolle Fotos und Rezepte zum Lesen! Die Anmutung erinnert an einen Bildband und ist sehr werthaltig.
Gabriela Nedoma hat hier erfolgreich ein Grundlagenwerk über Oxymel herausgebracht. Ein Buch, in das man sich gerne vertieft und in dem man auch geschichtliche und länderkundliche Hintergrundinformationen zu Honig und Essig findet. Wussten Sie, wie viele gesunde Inhaltsstoffe Honig im Gegensatz zu Zucker enthält? Im Buch kann man etliche geschichtliche Informationen zu Oxymelen nachlesen, zum Beispiel zur Frage, welche Oxymele frühere Ärzte und Heilkundige wie Hildegard von Bingen bei welchen Krankheiten anwandten.
Das Buch über Oxymel enthält – so der Pressetext des Verlages – Heilmittel und Rezepte aus 2.500 Jahren. Dabei will es kein geschichtliches Werk sein, das alte oder gar veraltete Anwendungen beschreibt. Die vitalisierenden Eigenschaften von Oxymel als Heilsirup, Medikament, Tonikum und Lebenselixier stehen im Vordergrund. Die Rezepte sind nicht zum Blättern gedacht, sondern sie bieten ausreichend Anleitung zum Selbermachen von Oxymels.
Kern des Buches bilden über 100 Oxymel-Rezepte, Anleitungen und praktische Anwendungen. Nedoma stellt Oxymele gegen Fieber, Husten, Entzündungen, Schlaflosigkeit oder Infektionen vor. Sie beschreibt, dass Honig und Essig die Wundheilung fördern und das Immunsystem stärken. Lindenblütenhonig und Rotweinessig ergeben ein Antistress-Oxymel, ein Lavendel-Oxymel soll den gesunden Schlaf unterstützen.
Die Autorin hat sich ausführlich mit der botanischen Medizinliteratur des Mittelalters beschäftigt und stellt auch Rezepte vor, die in Ermangelung anderer Heilmittel damals sicher ihre Gültigkeit hatten.
Unter den Rezepten finden sich jedoch auch Hinweise, die in der modernen medizinischen Praxis aus gutem Grund keine Bedeutung mehr haben. Darf man ein Golden-Honey-Oxymel, das u.a. Curcuma enthält, tatsächlich als ayurvedisches Naturantibiotikum bezeichnen? Vielleicht ist es zu vorsichtig gedacht: Aber wäre es nicht möglich, dass ein verängstigter Patient sein Rezept für ein Antibiotikum nicht zur Apotheke trägt, sondern lieber zum „Naturantibiotikum“ greift? Ähnliches gilt für ein Oxymel mit getrocknetem Thymian und Hanföl, das als „antibiotisch bei Atemwegserkrankungen“ beschrieben wird. Zur Darmreinigung empfiehlt sie Schwarzes Detoxymel, das regelmäßig vor dem Frühstück eingenommen werden soll. Leider fehlt der Hinweis, dass Aktivkohle neben Giften auch wichtige Medikamente bindet, so dass sie nicht mehr wirken können. Ein letztes Beispiel ist Nedomas Meerzwiebel-Oxymel, das 100g frische Meerzwiebelwurzeln enthält. Es soll „antibakteriell bei Lungenentzündungen, TBC und Asthma“ wirken. Einerseits können Rezepte und sonstigen Inhalte des Buches bei Vorliegen dieserKrankheiten keinen Arztbesuch ersetzen. Ein solcher Hinweis sollte in dem Buch nicht fehlen. Wichtig wäre weiterhin der Hinweis auf potentielle Gefahren bestimmter Inhaltsstoffe wie die giftige Wirkung der rohen Meerzwiebelwurzel. Laut Wikipedia können bei Kindern schon 0,1g der Zwiebel tödlich wirken.
Ergänzt um solche aus medizinischer Sicht wichtige Hinweise (die bei der nächsten Auflage berücksichtigt werden könnten) enthält das Buch also einige spannende Anregungen zur eigenen Herstellung und zum Einsatz von Oxymelen als Bereicherung der eigenen Ernährung.
Andreas Kappl